Thiem über KURIER Austria Davis Cup Team: „Das ist ein Wahnsinnserfolg“

Vor einem Jahr ist die großartige Karriere von Dominic Thiem bei den Erste Bank Open in der Wiener Stadthalle zu Ende gegangen. Am heutigen Freitag ist der Niederösterreicher bei Red Bull BassLine aber wieder mal auf dem Platz zu sehen. Vor seinem Einsatz stand der US-Open-Gewinner 2020 bei einer Pressekonferenz am Donnerstag den Medien Rede und Antwort – und blickte beim Gespräch mit dem Österreichischen Tennisverband noch einmal auf seine Laufbahn und seinen Abschied zurück. Außerdem nahm der 32-Jährige ausführlich Stellung zum beeindruckenden Erfolg des KURIER Austria Davis Cup Teams, das sich bekanntlich für die Davis Cup Final 8 in Bologna (18.–23. November 2025) der acht besten Nationen der Welt qualifiziert hat. Hier das Interview.
Dominic, du kehrst bei Red Bull Bassline wieder mal auf den Tennisplatz zurück. Wie viel Freude bereitet es dir, vor so einem Publikum wieder mal aufschlagen zu können?
Dominic Thiem: Riesige Freude! Das ist alles andere als selbstverständlich, vor so vielen Leuten Sport machen zu dürfen. Das war’s vielleicht mal. Jetzt, mit einem Jahr Abstand (zum Karriereende; Anmerkung), ist sowas einfach unglaublich. Ich will sowieso ein paar Exhibitions, ein paar Showevents pro Jahr spielen, auch um in der Tenniswelt weiterhin ein bisschen präsent zu bleiben. Und die Chance bei Red Bull BassLine auf dem Center Court in der Wiener Stadthalle habe ich ergreifen müssen. Das ist Wahnsinn! Das wird sicher ein richtig cooler Abend.
Du hast es schon kurz angerissen: Vor einem Jahr hast du an diesem Ort deine Karriere beendet. Wie blickst du denn mit Abstand auf diesen Tag zurück?
Schon positiv, aber auf die ganze Woche. Es war schon der Sonntag ein extrem cooler Tag – wo alle da waren, auch schon richtig viele Leute auf dem Center Court waren, die mich unglaublich gefeiert haben, was extrem emotional war. Und dann aber trotzdem auch nochmal den Abschied mit einem echten, seriösen Match gegen Luciano Darderi zu haben, das war mir wichtig. Das ganze Jahr war wichtig – und dass ich nicht in Zadar den Hut draufgehaut habe, sondern wirklich nochmal in Paris, in Kitzbühel, bei den US Open und hier als krönenden Abschluss gespielt habe. Das war schon schön und werde ich auch sicher niemals vergessen.
Was macht dich über deine Karriere in der Retrospektive am meisten stolz?
Sicher sind extrem viele einzelne Momente dabei, die mich stolz machen und auf die ich gerne zurückblicke. Die US Open natürlich – aber nur auf den Titel, nicht auf das Match selbst, weil es einfach solch eine angespannte, emotionale Erfahrung war, auf die ich wirklich nicht so gerne zurückblicke. Aber hier, die Woche 2019, auf die blicke ich schon extrem gern zurück. Weil ich richtig gut gespielt habe, weil geile Matches dabei waren, weil ich seit ich klein war und jetzt wahrscheinlich wieder jedes Jahr in der Stadthalle war und sein werde. Aber worauf ich wahrscheinlich am meisten stolz bin, ist der ganze Weg – weil das einfach so ein langer, intensiver Weg ist, von acht, neun Jahren an, bis die Karriere dann vorbei ist. Da sind so viele wertvolle, negative, positive Erfahrungen dabei gewesen, die ich niemals vergessen werde.
Du spielst bekanntlich nicht mehr so oft, aber wenn du auf dem Platz stehst: Wie viel Spaß macht es dir noch? Vor allem, weil das Niveau nicht mehr jenes zu deiner besten Zeit sein kann und wird.
Dass das Niveau immer weiter abfällt, das kann ich leicht akzeptieren. Aber es macht mir jetzt nicht wirklich Spaß, selbst Tennis zu spielen – das sage ich so offen. Aber es macht Spaß, mit den Spielern in der Akademie (Thiem Academy Burgenland; Anmerkung) zu spielen. Einfach, weil für sie diese Trainingseinheiten wirklich noch etwas bringen – hoffentlich noch ein, zwei Jahre, dann eh nicht mehr! (lacht) Dass ich jetzt nicht mehr jeden Tag Tennisspiele, darüber bin ich heilfroh. Aber wenn das für wen anderen ist und natürlich bei Events wie hier macht es unglaublich Spaß, wenn man vor so vielen Leuten spielen kann. Das ist extrem geil …
… aber nicht geil genug für ein Comeback, wie man vernimmt?
Nein, so ist es. (lacht)
Lass uns über Österreichs Riesenerfolg im Davis Cup sprechen. Die Road to Bologna hat damals ja noch mit dir begonnen: in Irland im Februar 2024 und eine Spielklasse tiefer. Wie sehr überrascht es dich, dass das KURIER Austria Davis Cup Team nur 20,5 Monate später dort steht, wo es steht?
Sicher überrascht es mich – weil es ein Wahnsinnserfolg ist. Ich glaube, man kann das nicht hoch genug einordnen, dass sie in Bologna beim Top-acht-Turnier dabei sind. Das ist, würde ich sagen, vergleichbar damit, wenn Österreichs Fußballnationalmannschaft nächstes Jahr im WM-Viertelfinale spielen würde. Das ist echt eine Leistung, die einfach sensationell ist und die, glaube ich, superwichtig fürs Tennis ist. Weil viele Leute davon was mitbekommen, die jetzt nicht volle Tennisfans, aber Sportfans im Allgemeinen sind, und dadurch Tennis mehr auf die Bildfläche kommt. Das ist richtig cool. Die Reise nach Bologna ist für alle, die dabei sind, der verdiente Lohn.
Wie sehr hat dich der spannende Länderkampf in Ungarn selbst gefesselt?
Man hat natürlich bei beiden Ländern gemerkt, wie viel auf dem Spiel steht, aber das ist in solchen Partien so. Es schwirrt bei allen im Hinterkopf herum: Wer die Partie gewinnt, fährt nach Bologna, zum Top-acht-Turnier. Das hat man gemerkt. Deswegen Hut ab vor den Österreichern, dass sie’s geschafft haben, sie mit der Situation so gut umgegangen sind, klar besser als die Ungarn. Das gehört dazu und ist mit die wichtigste Eigenschaft, dass man den Druck und diese nervliche Anspannung handelt. Da haben Jurij (Rodionov; Anmerkung) und ‚Luki’ (Lukas Neumayer; Anmerkung) Wahnsinnsleistungen erbracht.
Hast du selbst zugeschaut?
Ja, sicher. Ich war nicht in Ungarn, aber ich habe vor dem TV geschaut. Das ist auch für mich und als Zuschauer generell nochmal spannender, wenn so viel auf dem Spiel steht. Weil es wirklich DAS Match war, wo es um das große Endziel gegangen ist. Und das hat sich auf die Leute vor dem Fernseher und auch auf mich übertragen.
Ist es nicht auf gewisse Art und Weise paradox, dass all das im Jahr eins nach deinem Karriereende geschehen ist?
Das nicht. Denn ich habe in den letzten Jahren vom Level her jetzt nicht mehr so helfen können, würde ich sagen. Der Davis Cup war bei mir in manchen Situationen schon ein bisschen unglücklich, vor allem mit meiner körperlichen Verfassung. Als es 2019 gegen Chile ums Finalturnier gegangen ist, war ich krank und habe nicht spielen können. Beim Finalturnier 2021, das für alle mit der COVID-Situation unglücklich war, wäre sicher eine Wahnsinnsatmosphäre gewesen, da war ich am Handgelenk verletzt. Also das war nicht immer die allerglücklichste Beziehung. Es hat auch geile Events wie in Graz 2018 gegen Australien gegeben, was in meinen Tenniserfahrungen sicher ganz weit oben steht. Aber es ist schön, dass es jetzt passiert, auch wenn es im Jahr eins nach mir ist. (lächelt)
Worin siehst du die Erfolgsfaktoren von Österreichs Team?
Ich denke, dass im Davis Cup, wenn es auch um die Teamleistung geht, die Teamchemie extrem wichtig ist, dass sich jeder mit jedem gut versteht. Ich glaube, dass das der Fall ist, sich das über die ganzen Jahre hinweg aufgebaut hat und das – auch als ich dabei war – einer der großen positiven Faktoren war und ist, dass sich jeder mit jedem gut verstanden hat und sich auf die Davis-Cup-Woche gefreut hat. Ich glaube, dass das die Details sind, die dann den Ausschlag über Sieg oder Niederlage geben. So war’s sicher in Ungarn auch – und so wird sicher auch wieder die eine oder andere Sensation, wie das eine ist, möglich sein.
Was traust du den Jungs nun beim Finalturnier zu?
Gegen Italien in Bologna ist unglaublich. Was Besseres gibt’s fast nicht. Das ist wirklich cool. Im Sport ist alles möglich, das ist ganz klar. Aber sicher sind wir nicht Favoriten … (lacht) Ich denke, dass das jeder absolut genießen soll. Es wird eine volle Arena sein. Es wird eine extrem geile Stimmung sein. Italien hat mit die besten Spieler der Welt. Unsere Spieler sollen alles aufsaugen und den Moment genießen, und es wird schon gut werden.